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Gefragter Gesprächspartner beim Medien-Tag: Timo Boll mit Mathias Arians (l.) und Christian Adolph von der ARD (Foto: SH)
Stimmen vom Medien-Tag in Düsseldorf / Timo Boll: "Wir werden alles dafür geben, wieder eine Medaille zu gewinnen"

Deutschlands Asse sind bereit für Olympia

MS 18.07.2024

Düsseldorf. „Es muss schon sehr gut laufen, damit wir uns die Möglichkeit erspielen können, wieder eine Medaille zu gewinnen. Wir werden auf jeden Fall alles dafür geben“, sagt Timo Boll beim Medien-Tag des Deutschen Tischtennis-Bundes. Der harte Olympia-Vorbereitungslehrgang im Deutschen Tischtennis-Zentrum in Düsseldorf geht zu Ende. Am 21. Juli reisen die ersten DTTB-Cracks mit dem Zug nach Paris, wo am 27. Juli die Tischtennis-Wettbewerbe beginnen.

Die Stimmen der Spieler, Spielerinnen und des Betreuer-Teams:

Das deutsche Herren-Team

Timo Boll

In etwas mehr als einer Woche geht’s los in Paris. Wie ist bei Dir die aktuelle Form und der Stand der Olympia-Vorbereitungen?
„Die Form ist gut, die Trainingsintensität ist sehr hoch. Ich habe das Gefühl, dass wir im Team und auch ich selbst auf einem guten Weg sind.
 

Wie siehst Du die Chancen, sich noch ein letztes Mal den Traum von einer olympischen Medaille zu erfüllen?
„Wir wissen alle, wie stark die Konkurrenz ist. Es muss schon sehr gut laufen, damit wir uns die Möglichkeit erspielen können, wieder eine Medaille zu gewinnen. Wir werden auf jeden Fall alles dafür geben.“
 

Sieben Mal Olympische Spiele ist eine historische Marke. Was macht es emotional mit Dir, in dem Wissen nach Paris zu reisen, dass es Dein letztes Olympia, ja sogar dein letztes internationales Turnier sein wird?
„Aktuell hilft es mir, im Training den Fleiß aufzubringen, weil ich genau weiß, dass es nach den Olympischen Spielen etwas ruhiger wird. Aber ansonsten bin ich in meinem Tunnel und denke noch nicht allzu oft daran. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“

 

Dang Qiu

Wie fühlt es sich an, bei seinen ersten Olympischen Spielen zum engen Kreis der Medaillenkandidaten zu zählen?
„Wenn man die Ehre hat, für Deutschland zu starten, dann gehört man automatisch zur Weltspitze, denn man muss sich schon intern gegen Weltklassespieler durchgesetzt haben. Es ist fantastisch, in Paris zu den Medaillenkandidaten zu zählen. Ich weiß jedoch auch, wie schwer es angesichts der Vielzahl an unfassbar starken Konkurrenten werden wird. Ich kann nicht einschätzen, ob am Ende vielleicht auch meine ‚Noch-Nicht-Erfahrung‘ bei Olympischen Spielen eine Rolle spielen wird. Aber ich freue mich, zu den großen Namen gezählt zu werden, die zu den Medaillenkandidaten gehören. Ich werde alles versuchen, um am Ende bei den Entscheidungen dabei zu sein.“

In der jüngeren Vergangenheit bist Du bei allen großen Turnieren fast immer auf Topchinesen getroffen. In Paris ist aber auch das Reich der Mitte nur mit zwei Einzelspielern vertreten. Wie siehst Du Deine Chancen?
„Unabhängig davon, wer meine Gegner sind, muss ich mich auf mich fokussieren, damit ich meine eigenen Stärken und meine eigenen Qualitäten an den Tisch bringe. Wenn mir das gelingt, dann muss ich mich vor niemandem fürchten. Aber ich zolle neben den Chinesen auch allen anderen Gegnern großen Respekt und weiß, dass diese sich, genau wie ich selbst, sehr akribisch vorbereiten und ungemein heiß auf Olympia sind. Die Olympischen Spiele in Paris sind ein Turnier, dass unfassbar eng und stark besetzt ist und bei dem diesmal sehr viel passieren kann.“


Wie siehst Du deine Medaillenchancen mit der Mannschaft und an der Seite von Nina Mittelham im Mixed?
„Unsere Medaillenchancen mit der Mannschaft sehe ich als sehr gut an. Wir haben eine sehr starke Truppe und gemeinsam eine sehr intensive Vorbereitung absolviert. Jeder trainiert sehr fleißig und ich finde, die Form sieht bei allen sehr gut aus. Natürlich schläft auch die Konkurrenz nicht, ganz im Gegenteil: Die Breite in der Spitze ist noch viel größer geworden. Wir müssen auf jeden Fall in Topverfassung sein, um am Ende bei der Medaillenvergabe dabei zu sein. Aber wir haben eine unfassbar gute Mannschaft, die es selbst in der Hand hat, wenn wir unser bestes Tischtennis spielen.“
 

„Im Mixed ist unsere Setzung von neun bis 16 nicht optimal. Nina und ich können direkt gegen ein sehr starkes asiatisches Duo kommen, was nicht ideal wäre. Aber wir sind in Europa absolute Spitze, wie ja auch unsere Titel bei den European Games und bei der EM in Warschau gezeigt haben. Gegen die Asiaten ist es für uns zwar schwieriger, aber auch nicht unmöglich. Eines steht fest: Wir müssen auf jeden Fall über uns hinauswachsen, wenn wir um eine Medaille mitspielen wollen.“

 

Dimitrij Ovtcharov

Du hast in den letzten Monaten besser und besser gespielt, bist gefühlt viel näher an deine Olympiaform gekommen. Hast Du jetzt auch noch die letzten Prozentpunkte herausgekitzelt?
„Es lief in den letzten Monaten besser und besser. Es war schon schade, dass ich die Spiele gegen Calderano und gegen Harimoto trotz sehr starker Leistungen nicht gewonnen habe. Der Turniersieg in Nigeria und die Siege in der griechischen Liga haben mir dann noch weiteres Selbstvertrauen gegeben. Auf Basis dieser guten Form habe ich jetzt noch einmal einiges aus mir herausgeholt. Ich habe das Gefühl, dass ich nun das erste Mal seit Tokio wieder wirklich in absoluter Topform bin. Es ist die beste Form, die ich seit 2021 habe und aktuell traue ich mir alles zu.“

Wie sieht Du Deine Chancen im Einzel und mit der Mannschaft, Deine Bestmarke als olympischer Rekordmedaillengewinner mit bisher sechs Mal Edelmetall weiter auszubauen?
„Das Spitzenniveau im Tischtennis ist in alle Richtungen hin breiter geworden. Wenn es vorher drei oder vier Topteams gab, gibt es jetzt sieben oder acht. Wenn es vorher sieben oder acht Top-Einzelspieler gab, gibt es jetzt 16 bis 20. Das Niveau ist saueng, aber ich bin auf jeden Fall einer der Kandidaten. Den innerlichen Glauben habe ich. Wenn es Richtung Olympia geht, dann wächst bei mir auch das Selbstvertrauen durch die Erfolge bei den bisherigen Starts. Viele andere Topspieler – beispielsweise Lebrun, Calderano oder Harimoto – haben noch keine Medaille gewonnen. Der Druck ist also eher auf der Seite dieser Spieler als auf meiner. Sowohl im Einzel als auch in der Mannschaft ist es das Ziel, um eine Medaille zu kämpfen.“

Deine herausragende Olympiabilanz ist auch ein Zeichen mentaler Stärke. Wie schaffst Du es, immer bei Olympischen Spielen an Dein Limit oder darüber hinaus zu gehen, wie beispielsweise beim vielleicht besten Olympiamatch aller Zeiten im Halbfinale von Tokio gegen Ma Long?
„Ich probiere, für mich schon lange Zeit vor den Olympischen Spielen einen hohen Druck aufzubauen. Ich stelle mir beispielsweise in Turnieren vor, dass das schon die olympischen Wettkämpfe sind. Dadurch spüre ich einen höheren Druck als andere Spieler und auch das Performen ist etwas schwieriger. Aber man gewöhnt sich tatsächlich mit der Zeit mehr und mehr daran. Als ich bei den Olympischen Spielen war, hatte ich dadurch in der Vergangenheit oft das Gefühl, dass ich mental und spielerisch sehr gut auf diese Ausnahmesituationen vorbereitet war, so dass ich mit dem Druck immer gut umgehen konnte.“

 

Patrick Franziska

In Tokio hast Du Silber mit dem Team gewonnen. Es können in Paris aber nur drei Spieler an den Start und Du bist diesmal der Ergänzungsspieler. Wie siehst Du Deine Rolle?
„Als Sportler will man immer in der Mannschaft stehen. Das ist ganz normal. Wer jedoch mich und meine Einstellung sowie mein persönliches Verhältnis zu unserem Team und Trainern kennt, der weiß auch, dass ich mich vorbehaltlos in den Dienst der Mannschaft stelle. Wir verstehen uns alle super. Das war immer so und das wird auch immer so bleiben. Diese Olympischen Spiele, bei denen ich gerne gespielt hätte, machen da keinen Unterschied. Ich werde die Jungs in Paris so gut wie möglich nach allen Kräften unterstützen, damit wir auch diesmal wieder eine Medaille gewinnen.“

Wie steht es um Deine Gesundheit und die aktuelle Form, nachdem Du im TTBL-Finale eine leichte Verletzung hattest?
„Ich habe nach dem Finale fünf Tage Pause gemacht. Es war aber nur eine leichte Zerrung, von der ich nichts mehr merke. Ich bin wieder gesund, trainiere sehr gut und bin mit meiner Form sehr zufrieden. Ich versuche mich fit zu halten, damit ich in optimaler Verfassung bin, falls ich gebraucht werde.“

 

Das deutsche Damen-Team

Nina Mittelham

Du hattest eine lange Saison, hast im Juni noch einmal eine kurze Pause zum Verschnaufen eingelegt. Wie ist deine Form?
„Ich habe nach meinem Kurzurlaub Anfang Juni sehr gut trainiert und bin mit frischer Motivation aus den Ferien zurückgekommen. Ich bin mit viel Schwung in die Olympia-Vorbereitung gegangen und freue mich sehr auf die Olympischen Spiele.“

Seit den Sommerspielen in Tokio, wo Du als Ergänzungsspielerin dabei warst, hat sich viel getan. Du stehst permanent unter den Top 20 und bist als Leistungsträgerin eine Stütze des Teams. Welche Chancen haben die deutschen Damen in Paris?
„Seit Tokio, wo ich als Ersatzspielerin dabei war, bin ich deutlich besser geworden. Ich freue mich darauf, in Paris jetzt bei meinem ersten Olympia-Start die Leistungsträgerin im Team zu sein. Gerne hätte ich mir diese Rolle mit Ying geteilt, die hoffentlich schnell wieder gesund wird. Wir waren alle geschockt über ihre neuerliche Verletzung. Wir haben aber immer noch eine gute Mannschaft. Wenn es uns gelingt, unser bestes Tischtennis abzurufen und uns China und Japan im Viertelfinale als Gegner erspart bleiben, dann gibt es sicherlich einige Nationen, gegen die wir eine Chance haben. Schauen wir einfach mal, was in der neuen Konstellation möglich ist. Ich freue mich über jedes Spiel, dass wir als Mannschaft gewinnen.“

Mit welchen Erwartungen gehst Du in den Einzel- und den Mixed-Wettbewerb?
„Im Einzel und Mixed ist vieles möglich. Insbesondere im Mixed gibt es immer wieder jede Menge Überraschungen. Dang und ich haben leider keine so gute Setzung. Aber wir können fast jedes andere Duo schlagen und deshalb will sicherlich keiner gerne gegen uns spielen. Über das Abschneiden im Einzel habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht. Ich möchte eine gute Leistung zeigen und unter Beweis stellen, dass ich mich deutlich verbessert habe. Ich hoffe, dass sich das am Ende auch in den Ergebnissen niederschlägt. Gegen einige der Topspielerinnen habe ich Chancen – und vielleicht kommt ja bei den Olympischen Spielen endlich der Tag, an dem ich auch gegen sie gewinne.“

Xiaona Shan

Probleme mit dem Nacken haben Dir in den letzten Monaten immer wieder ungewollte Trainingspausen beschert. Wie geht es Dir im Moment, konntest Du in der Vorbereitungsphase normal trainieren?
„Ich hatte im Juni zwei Turniere abgesagt und etwas Pause gemacht, bin immer in begleitender physiotherapeutischer Behandlung, so dass wir das Problem derzeit gut im Griff haben. Seit Anfang Juli stehe ich wieder am Tisch, bin schmerzfrei und kann auch wieder voll belasten.“

Durch die Verletzung von Ying bist Du nun auch erstmals im Einzel bei Olympia am Start. Welche Erwartungen hast Du?
„Für mich war der Mannschaftswettbewerb immer wichtiger als das Einzel. Aber ich werde natürlich versuchen, so gut wie möglich zu spielen und hoffe, dass ich eine Runde weiterkomme, wer weiß, mit einer guten Auslosung vielleicht auch zwei. Es ist jedenfalls gut, dass das Einzel vor dem Teamwettbewerb liegt, so dass ich mich schon etwas für das Mannschaftsturnier einspielen kann.“
 

Die Mannschaft ist ohne Ying immer noch stark. Was glaubst Du, was möglich ist?
„Ich habe es am Fernseher verfolgt, als Ying im Einzel auf einmal wieder verletzt war. Es kommt mir jetzt noch wie ein schlechter Traum vor, aus dem man irgendwann aufwachen will. Sie hat so sehr für ihr Comeback rechtzeitig zu Olympia gearbeitet, das ganze Team leidet da mit ihr. Aber es hilft nichts, damit müssen wir umgehen. Ich denke, wir haben immer noch eine sehr gute Mannschaft, die gegen sehr viele Teams gewinnen kann. Ich habe inzwischen auch schon mit Annett Doppel trainiert. Das hat ganz gut geklappt. Schauen wir mal, was in Paris möglich ist. Wir kämpfen bei Olympia alle auch für Ying!“

 

Annett Kaufmann 

Dein Fokus lag auf dem Abi, jetzt stehst Du plötzlich in der deutschen Mannschaft und gibst mit 18 Dein Olympia-Debüt. Kannst Du es schon glauben?
„Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt: Annett, Du schaffst 2024 Dein Abi, freust Dich über 2,0 und darfst an den Olympischen Spielen teilnehmen, dann hätte ich das sofort unterschrieben, weil ich es kaum geglaubt hätte. Jetzt passiert all das und ich versuche es zu realisieren, kann es vielleicht schon so halb glauben. Wenn ich aber erst einmal im Olympischen Dorf eintreffe und die Atmosphäre aufsauge, dann kommt mit Sicherheit noch einmal viel ungläubiges Staunen hinterher. Es war schon nach dem Abi krass. Ich konnte es kaum glauben, dass ganz plötzlich der ganze Lebensabschnitt Schule zu Ende sein soll.“

„Ich hatte mich schon ungemein über meine Nominierung als Ergänzungsspielerin gefreut. Dass ich bei Olympia nun aktiv am Tisch sein werde, habe ich mir zwar einerseits hart erarbeitet, ist aber durch die Umstände allerdings unheimlich traurig. Keiner aus unserer Mannschaft hätte es mehr verdient als Ying, bei den Olympischen Spielen am Tisch zu stehen. Es ist einfach unglaublich, wie sie sich nach ihrem ersten Achillessehnenriss zurückgekämpft hat, und dann kommt diese neue schlimme Verletzung.“

Mit welchen Zielen und Erwartungen an Dich und das Team reist Du nach Paris?
„Ich gehe an die Olympischen Spiele wie an alle anderen Turniere heran. Mein Bestes zu geben, nie aufzugeben und immer bis zum letzten Ball zu kämpfen. Ich denke allerdings, dass man bei Olympia vielleicht sogar noch einmal zehn Prozent draufpacken kann, weil einfach eine noch größere Motivation da ist.“

„Ich hoffe, ich kann der Mannschaft behilflich sein. Dass wir als Team gemeinsam unser bestes Tischtennis spielen und gewinnen wollen, ist ja sowie klar. Da spreche ich für jeden aus der Mannschaft, da bin ich mir sicher.“

„Ich will die Atmosphäre aufsaugen und die Olympischen Spiele einfach genießen. Spezielle Erwartungen habe ich keine. Ich habe schon so viel über Olympia gehört. Jetzt bin ich selbst dabei und ganz offen für alles, was da auf mich wartet.“

„Für mich ist es etwas ganz Besonderes, Teil von Team Deutschland zu sein. Ich fühle mich echt geehrt, dass ich dazu gehöre und bei den Olympischen Spielen dabei sein darf.“

Hat es Spaß es gemacht, das erste Mal bei der Olympia-Einkleidung dabei zu sein?
„Die Einkleidung war supercool, auch wenn es manchmal auch ganz schön durcheinander ging. Ich habe viele neue Leute aus anderen Sportarten kennengelernt. Es war ein mega schönes Erlebnis und es gab auch viele Programmpunkte. Ich freue mich ganz einfach, Teil von Olympia zu sein.“


Yuan Wan

Du hast in den letzten Monaten in Deinem Leistungsvermögen noch einmal einen weiteren Sprung nach vorne gemacht, spielst stärker und stabiler. Was ist anders als vorher, was hast Du verändert?
„Ein wichtiger Punkt ist sicherlich, dass ich mich körperlich fitter fühle als vorher, nachdem ich mein Krafttraining und Athletiktraining umstrukturiert habe. Ich lege momentan noch viel mehr Wert auf meine Fitness als vorher schon. Außerdem ?versuche ich auch, mein Spiel variabler zu gestalten, beispielsweise durch den Einbau von neuen Aufschlägen.“

Du bist die Ergänzungsspielerin, die zum Team gehört und mit in das Olympische Dorf geht. Wie siehst Du Deine Rolle und worauf freust Du dich in Paris besonders?
„Ich werde mich exakt genau so vorbereiten, als wenn ich zum Einsatz käme. Aber natürlich gehe ich stark davon aus, dass die anderen drei anderen Spielerinnen fit sind und auch spielen werden. Ansonsten werde ich die anderen, so gut wie es geht in allen Dingen unterstützen, wo sie mich brauchen, egal ob beim Einspielen oder bei anderen Sachen. Ich freue mich auf jeden Fall jetzt schon darauf, die besondere Atmosphäre bei den Olympischen Spielen zu erleben.“

 

Das Betreuer-Team

Richard Prause, Sportdirektor

Mit welchen Erwartungen reist das bei den letzten olympischen Turnieren immer sehr erfolgreiche Tischtennis-Team nach Paris?
„Wir wollen unser allerbestes Tischtennis spielen, sowohl im Damen- als auch im Herren-Bereich. Sollte es uns dabei insgesamt gelingen, um die Medaillen zu spielen oder am Ende sogar auch diesmal wieder eine Medaille zu gewinnen, dann wäre das ein absoluter Traum. Wir sind bis in die Haarspitzen motiviert, das hinzubekommen, wohlwissend, dass es noch schwieriger als in der Vergangenheit wird. Die Breite in der Spitze ist noch größer geworden und viele spielen auf einem ähnlichen, vergleichbaren Niveau.“

Zur optimalen Vorbereitung sind für das Training in Paris mit Benno Oehme als Sparringspartner für die Damen und Herren und Stützpunkttrainer Xiaoyong Zhu zwei weitere DTTB-Vertreter vor Ort, die aber nicht mit im Olympischen Dorf wohnen. Welche Funktion haben die beiden?
„Alles professionalisiert sich weiter. Benno und Xiaoyong wohnen in einem Hotel in der Nähe der Wettkampfstätte. Sie haben mit einer sogenannten P-Akkreditierung Zugang zur Trainingshalle, wo wir ab dem 21. Juli unsere direkte Vorbereitung auf das olympische Turnier starten. Xiaoyong arbeitet als Bundesstützpunkttrainer ohnehin mit beiden Teams auch in Düsseldorf zusammen und ist unter anderem ein wichtiger Spezialist für das ‚Many-Balls-Training‘. Benno ist Mitglied unseres U23-Anschlusskaders, der uns als Trainingspartner im Allgemeinen sowie für spezielle Einspielsituationen oder Extra-Einheiten bei den Damen und Herren unterstützt.“

Tamara Boros, Damen-Bundestrainerin

Wie ist der Stand der Vorbereitungen?
„Wir trainieren gemeinsam in Düsseldorf mit den drei Olympia-Starterinnen und unserer Ergänzungsspielerin Yuan Wan, die voll zum Team gehört und mit uns in das Olympische Dorf einzieht. Als Sparringspartner hatten wir zeitweise die japanische Nationalmannschaft bei uns im Leistungszentrum zu Gast. Wir werden also bestens vorbereitet nach Frankreich fahren.“

Mit Ying Han zählte das Team zum Kreis der Anwärter auf eine Medaille. Wie lautet das Ziel nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Ying?
„Das gesamte Team spielt in Paris auch für Ying, deren zweiter Achillessehnenriss innerhalb von sechs Monaten eine echte Tragödie ist, die das gesamte Team sehr geschockt und menschlich betroffen gemacht hat. Wir fahren jedoch auch nach der Umbesetzung, die Annett hinter Nina und Xiaona in die Mannschaft und Yuan in die Rolle der Ergänzungsspielerin gebracht hat, mit einem sehr starken Team nach Paris, das fast gegen jeden Gegner bestehen kann. In der neuen Konstellation reden wir erst einmal nicht über Platzierungen. Es ist unser erstes Ziel, mit allen vier Spielerinnen fit zu sein, um unser bestes Tischtennis abrufen zu können. Damit uns das gelingt, müssen wir uns vor allem auf unsere eigenen Stärken konzentrieren. Für eine vordere Platzierung benötigt man neben individueller Klasse auch immer ein wenig den Faktor Glück, der zumindest im Vorfeld der Spiele noch nicht auf unserer Seite war. Aber vielleicht gleicht sich das ja in Paris wieder ein wenig aus.“

Jörg Roßkopf, Herren-Bundestrainer

2008 und 2020 gab es Silber, dazwischen zweimal Bronze für das Herren-Team, Dima wurde 2012 und 2020 Olympia-Dritter. Mit welchen Zielen reist die Herren-Mannschaft 2024 nach Paris?
„Wir versuchen natürlich auch diesmal wieder, eine Medaille zu holen. Es wird allerdings auch für uns etwas schwieriger, weil der Kreis der Konkurrenten stark angewachsen ist. Wir wollen unsere beste Leistung abrufen und ein Medaillengewinn ist selbstverständlich unser erklärtes Ziel. Wir gehen immer mit der Prämisse in ein Turnier, das Maximum erreichen zu wollen.“

Wer sind die gefährlichsten deutschen Konkurrenten neben Goldmedaillenkandidat Nummer eins, China?
„Der Kreis der starken Mannschaften ist größer geworden. Unsere direkten Konkurrenten hinter China sind mindestens auch Taiwan, Schweden, Frankreich und Südkorea. Es gibt inzwischen sehr, sehr viele, die im Team, aber auch im Einzel und im Mixed eine von nur drei möglichen Medaillen gewinnen wollen und auch können.“

Wie wichtig wird der Faktor Doppel sein?
„Das Doppel ist natürlich wichtig und es ist eine von fünf Chancen, die für einen Gesamtsieg notwendigen drei Punkte zu gewinnen. Wenn man zum Auftakt das Doppel gewinnt, geht man zudem mit noch etwas mehr Selbstvertrauen in das nächste Einzel. Wir haben in der Vergangenheit immer gut Doppel gespielt und hoffen, dass uns das auch diesmal gelingt. Deshalb haben wir in der Vorbereitung Wert auf intensives Doppeltraining gelegt. Am Ende kommt es aber nicht darauf, ob wir das Doppel gewinnen, sondern dass wir drei Punkte sammeln. Egal, wo diese Punkte am Ende herkommen.“

Lars Hielscher, DTTB-Cheftrainer Düsseldorf

Wie lief die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Düsseldorf?
„Die Vorbereitung ist sehr gut gelaufen. Alle sind gut drauf und gesund, das ist ja immer das Wichtigste. Inzwischen kann man bei allen die Vorfreude auf Paris auch im Training spüren. Wir hatten als Sparringspartner neben unserem Olympia-Kader im Verlauf der Vorbereitung Bastian Steger, Fanbo Meng, Roman Ruiz aus Frankreich und teilweise Griechenlands Abwehrspieler Panagiotis Gionis mit an Bord. Wir haben den Kreis ganz bewusst sehr klein gehalten, damit wir mehr Ruhe haben. Damit haben wir in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht.“


Dr. Antonius Kass, DTTB-Teamarzt, Düsseldorf

Eine deutsche Spielerin wird unglücklicherweise nach ihrem zweiten Achillessehnenriss Anfang Juli nicht an den Sommerspielen teilnehmen. Wie geht es Ying Han?
„Der zweite Achillessehnenriss binnen sechs Monaten ist schlichtweg eine große Katastrophe für die Sportlerin und den Menschen Ying Han. Es ist eigentlich kaum erklärlich, dass ihr das jetzt an der anderen Sehne passiert ist. Das Wichtigste aber ist: Es geht ihr nach ihrer Operation am 9. Juli schon wieder sehr gut. Der Eingriff wurde, wie schon der sehr gut verheilte erste, auch diesmal wieder in Köln von Dr. Morawe durchgeführt.“

Bei Leistungssportlern zwickt ja immer wieder mal etwas, so wie in den letzten Monaten zum Beispiel bei Xiaona Shan der Nacken. Gehen, Stand Mitte Juli, alle DTTB-Sportler fit und beschwerdefrei nach Paris?
„Xiaona geht es gut, sie wird ständig physiotherapeutisch behandelt, so dass der Nacken in Paris kein Problem darstellen sollte. Auch alle anderen sind im Moment fit.
Ich freue mich, mit dem DTTB als Teamarzt nach Paris zu gehen und meine sechsten Olympischen Spiele erleben zu dürfen.“

Peter Heckert, DTTB-Physiotherapeut, OSP Hessen in Frankfurt/Main

Wie sehr helfen die „heilenden Hände“ eines Physiotherapeuten bei einem solchen Turnier?
„Heilende Hände höre ich nicht sehr gerne. Letztlich wendet ein Physiotherapeut in seinem Beruf das Erlernte und spezielle Techniken an, gepaart mit der gesammelten Erfahrung.  Es ist aber tatsächlich so, dass die Hände des Menschen sehr sensibel sind und mit ein wenig Übung viel mehr spüren können, als mein gemeinhin glaubt. Die Basis dafür ist aber das Vertrauen zwischen dem Athleten und dem Physiotherapeuten. Wenn das vorhanden ist, kann etwas bewegt und in Gang gesetzt werden. Das Heilende kommt aber am Ende immer aus dem Körper des Behandelten selbst.“
 

Als Physio bist Du für den Körper und die Muskulatur der Athleten zuständig. Lassen die Sportler bei solch einer Behandlung auch öfter mal die Seele baumeln?
„Physios sind, wenn das Vertrauensverhältnis stimmt, sicherlich oft auch als Zuhörer gefragt. Manchmal werden sie auch zu Geschichtenerzählern und immer sind sie natürlich auch Gesprächspartner. All das hat aber rein gar nichts mit einer psychologischen Betreuung und Hilfestellung zu tun. Dafür haben wir auch keine Ausbildung. Aber solch ein natürlicher Austausch tut vielleicht in manchen Situationen dennoch dem Wohlbefinden des Athleten gut. Vor allem Athleten mit weniger Erfahrung sprechen oft über ihre Eindrücke und Erlebnisse. Die sind natürlich bei Olympischen Spielen besonders vielfältig und noch ausgeprägter als bei rein sportartspezifischen Meisterschaften.“

 

Die Nominierung des DOSB für die Teilmannschaft Tischtennis

Damen-Team: Nina Mittelham (ttc berlin eastside / WR: 16, Olympia-Teilnahmen: -), Shan Xiaona (ttc berlin eastside / WR: 40, OT: 2016, 2020), Annett Kaufmann (SV DJK Kolbermoor / WR: 92, OT: -), Ergänzungsspielerin: Yuan Wan (TTC Weinheim / WR: 86, OT: -)
Herren-Team: Dang Qiu (Borussia Düsseldorf / Weltrangliste: 11, Olympia-Teilnahmen: -), Dimitrij Ovtcharov (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell / WR: 14, OT: 2008, 2012, 2016, 2020), Timo Boll (Borussia Düsseldorf / WR: 24, OT: 2000, 2004, 2008, 2012, 2016, 2020), Ergänzungsspieler: Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken-TT / WR: 9, OT: 2020).
Herren-Einzel: Dang Qiu, Dimitrij Ovtcharov
Damen-Einzel: Nina Mittelham, Xiaona Shan
Gemischtes Doppel: Dang Qiu/Nina Mittelham

ITTF-Nominierung Schiedsrichter
Olympia: Kerstin Duchatz (Bochum)
Paralympics: Anja Gersdorf (Düsseldorf)

Die bisherigen 9 Medaillengewinne Deutschlands im Tischtennis
Gold: -
Silber: 4
Bronze: 5

1992, Barcelona
Silber Herren-Doppel: Steffen Fetzner/Jörg Roßkopf
1996, Atlanta
Bronze Herren-Einzel: Jörg Roßkopf
2008, Peking
Silber Herren-Mannschaft: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Christian Süß
2012, London
Bronze Herren-Einzel: Dimitrij Ovtcharov
Bronze Herren-Mannschaft: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Bastian Steger
2016, Rio de Janeiro
Silber Damen-Mannschaft: Ying Han, Xiaona Shan, Petrissa Solja
Bronze Herren-Mannschaft: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov, Bastian Steger
2020, Tokio
Bronze Herren-Einzel: Dimitrij Ovtcharov
Silber Herren-Mannschaft: Timo Boll, Patrick Franziska, Dimitrij Ovtcharov

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