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Obwohl alle vier Doppel in den beiden regulären Partien an Langstadt gingen, setzten sich am Ende die Weinheimerinnen durch. Doppel-Szene aus dem Hinspiel: Mantz/Lupulesku - Wan/Klee (Bild: Dr. Stephan Roscher).
Neuauflage des Finales der Vorsaison Weinheim vs. Berlin

Langstadt klar besser als im Hinspiel, doch Weinheim schlägt im Golden Match gnadenlos zu

Dr. Stephan Roscher 24.06.2024

Weinheim. Nach einem schwachen Hinspiel vor heimischer Kulisse, das mit 4:6 verloren ging, stand der TSV Langstadt am Sonntagnachmittag beim Rückspiel in Weinheim gehörig unter Druck und musste gewinnen, um ins Golden Match zu kommen und seine Chance auf den zweiten Finaleinzug der Vereinsgeschichte zu wahren. Teil eins gelang, man zeigte sich vor großer Kulisse stark verbessert und erzwang tatsächlich das Golden Match durch einen 6:4-Sieg. Dort jedoch zeigten die Weinheimerinnen die stabileren Nerven und gewannen sämtliche Sätze. Sie bestreiten nun, wie im Vorjahr, die Endspiele gegen den ttc berlin eastside, der beim 5:5 gegen Dachau (Hinspiel 6:0) nur knapp um das Golden Match herumkam.

Während Weinheim im Hinspiel überzeugen konnte und in den entscheidenden Momenten bissiger, siegeshungriger und effektiver agierte, somit also absolut verdient gewann, war TSV-Trainerin Anna Rauch mit ihrem Quartett überhaupt nicht zufrieden gewesen und hatte deutliche Worte gefunden. „Gerade wenn man in ein so wichtiges Spiel mit einem 2:0 in den Doppeln startet, muss danach mehr kommen“, bemängelte Rauch. „Alles in allem hat es dem Team an Selbstvertrauen und Inspiration gefehlt, in ein solches Spiel muss man alles hineinwerfen, was geht.“ Die Trainerin blickte dennoch am Freitagabend nicht ohne Optimismus nach vorn: „Das muss im Rückspiel ganz anders werden. Ich glaube aber daran, dass wir das noch schaffen. Das haben wir ja auch im Viertelfinale hinbekommen, wo wir ein schwaches Hinspiel und dann ein sehr gutes Rückspiel gezeigt haben. Warum sollte uns das nicht wieder gelingen.“

In der Tat zeigte sich ihr Team während des Dreieinhalb-Stunden-Matchs in Weinheim vor 335 Tischtennis-Fans, doppelt so viele wie beim Hinspiel in Langstadt, stark verbessert. Nun glänzte man nicht nur in den erneut bärenstarken Doppeln, sondern zeigte sich auch in den Einzeln hellwach.

Im vorderen Paarkreuz glückte allerdings nur ein Matchgewinn, die scheidende Taiwanerin Cheng Hsien-Tzu, die es nach Weinheim zieht, konnte die deutsche Vizemeisterin Yuan Wan diesmal klar in Schach halten. Bruna Takahashi war erneut nicht zu schlagen, sie wird ihrem Team künftig fehlen – bekanntlich wechselt die brasilianische Weltklassespielerin nach Frankreich. Doch im hinteren Paarkreuz war Langstadt diesmal das bessere Team. Die im Hinspiel noch reichlich indisponiert wirkende Izabela Lupulesku gewann beide Einzel und „Franzi“ Schreiner immerhin noch das umkämpfte Match gegen die Kroatin Mateja Jeger, nur gegen ihre künftige Teamkolegin Sophia Klee setzte es eine 1:3-Niederlage. Am Ende reichte es zum Einzug in das „Nerven-Roulette“, wie manche das Golden Match nennen.

Doch auf einmal war die kreative Lockerheit bei den Südhessinnen wie weggeblasen, die Langstädterinnen agierten im Golden Match wie das Kaninchen vor der Schlange und riskierten zu wenig. Auf einmal schienen sie zu fürchten, etwas verlieren zu können, während man zuvor so auftrumpfte, als könne man nur gewinnen. Die Weinheimer Asse dagegen schienen sich ihre körperlichen und mentalen Kräfte nur für diesen entscheidenden Showdown aufgehoben zu haben und ließen ihren Gegnerinnen, die zuvor alles hineingeworfen hatten, wie es ihre Trainerin verlangt hatte, keinen Stich mehr.

Weinheim schnappte sich viermal den jeweils einen ultimativen Satz, alle Male recht deutlich und auch in den zuvor seitens der Langstädterinnen so starken Doppeln, was zur Folge hatte, dass die beiden Einzel des hinteren Paarkreuzes gar nicht mehr gespielt werden mussten. 

Eine ereignisreiche Saison ist damit für die Südhessen beendet, die durchaus Akzente setzen konnten und trotz Verletzungspechs lange oben mitspielten, nachdem sie überraschend sogar Herbstmeister geworden waren. Auf jeden Fall war es ein Meisterschafts-Halbfinale auf hohem Niveau mit zwei nahezu gleichwertigen Teams, die sich nichts schenkten und sich in Hin- und Rückspiel inklusive Golden Match insgesamt acht Stunden gegenseitig alles abverlangten. Es mag abgedroschen klingen, doch eine Werbung für den Tischtennissport war es allemal, insbesondere für die 1. Bundesliga Damen und ihr allzu oft unterschätztes, in der Sicht des Verfassers dieser Zeilen jedoch sensationelles Niveau.

Weinheims Macher und Manager Christian Säger war überglücklich: „Das war heute der absolute Wahnsinn! Tischtennis in Perfektion, 335 Zuschauer und dann noch im Golden Match 4:0 gewonnen. Weinheim und Langstadt haben alle bestens unterhalten und die Zuschauer waren super begeistert und laut. Wir sind jetzt das zweite Mal in Folge im Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Für unseren Club absolut sensationell. Alles, was noch kommt, ist Zugabe.“

„Ein Wahnsinnsmatch, leider mit der Niederlage im Golden Match“, so das Fazit von Langstadts Sportlichem Leiter Manfred Kämmerer. „Die Mädels haben es diesmal super gemacht. Wir hatten uns mehr Aggressivität als am Freitag vorgenommen und das haben sie vom ersten Ballwechsel an gut umgesetzt. Im Golden Match ist uns buchstäblich die Luft ausgegangen in einer Halle, die gefühlt 50 Grad hatte. Insgesamt eine tolle Saison unseres Teams.“

Franziska Schreiner, mit drei Siegen in den Einzeln und zwei Erfolgen in den Doppeln erfolgreichste Langstädterin der Halbfinal-Serie, sagte: „Wir haben heute viel besser gespielt als am Freitag, nur hat uns am Ende etwas das Glück gefehlt. Vielleicht war auch Weinheim einen Tick entschlossener im Golden Match und wir etwas zu ängstlich, schwer zu sagen. Ich bin jetzt schon etwas traurig, dass es nicht geklappt hat mit dem Einzug ins Finale.“ Nächste Saison möchte man indes mit einer verstärkten Mannschaft - Orawan Paranang und Sophia Klee kommen, nur Cheng Hsien-Tzu geht - erneut angreifen. „Franzi“ Schreiner: „Wir gehen erhobenen Hauptes aus der Saison und wollen nächstes Jahr dann mindestens auch ins Endspiel kommen.“

Cheng Hsien-Tzu, die ihr letztes Spiel für Langstadt bestritt und heute den schwachen Eindruck vom Freitag korrigieren konnte, gab zu Protokoll: „Es war eine schöne Zeit, es hat mir viel Freude gemacht, Teil dieser Mannschaft gewesen zu sein und tolle Unterstützung durch den Verein und die Fans erfahren zu haben. Nun freue ich mich auf meine neue Aufgabe in Weinheim, werde aber den TSV Langstadt nie aus den Augen verlieren und vielleicht ergibt sich ja eines Tages die Chance auf eine Rückkehr.“

Langstadt ist also raus und Weinheim bleibt im Titelrennen. Die Nordbadener haben die Vizemeisterschaft bereits sicher, gerade nach dem durchwachsenen Saisonstart ein toller Erfolg. Vor einem Jahr unterlag man im Finale dem ttc berlin eastside in der Hauptstadt klar mit 1:6, hatte aber im Rückspiel (5:5) lange die Chance auf das damals bei Gleichstand noch obligatorische dritte Spiel vor Augen. Wenn es diesmal einen Tick mehr würde, würde man sich gewiss nicht beschweren. Der Serienmeister wirkte heute gegen Dachau verwundbar, wird aber gewiss die Tage bis zum finalen Showdown nutzen, um wieder vollends in die Spur zu kommen. Zudem hat er ja auch noch Shan Xiaona sowie die junge Josi Neumann in petto, die bis dahin ihre Verletzungen auskuriert haben könnten. So oder so versprechen die beiden Endspiele einiges an Spannung.

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Halbfinals

TSV Langstadt - TTC 1946 Weinheim 4:6

TTC 1946 Weinheim - TSV Langstadt 4:6, 4:0

TSV Dachau 65 - ttc berlin eastside 0:6

ttc berlin eastside - TSV Dachau 65 5:5

 

Viertelfinals

SV DJK Kolbermoor – TSV Dachau 65 1:6

TSV Dachau 65 – SV DJK Kolbermoor 6:2

TTG Bingen/Münster-Sarmsheim – TSV Langstadt 6:2

TSV Langstadt – TTG Bingen/Münster-Sarmsheim 6:2, 3:3 (60:57)

 

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